Wir haben versagt – Teil 1: Frühkindliches Feng Shui

Nach gut drei Monaten Elterndasein wird mir langsam klar: Wir haben versagt. Ich hab‘ mir alle Mühe gegeben. Habe mich diversen Mütter- und Elterngruppen angeschlossen, in Stillcafés rumgelungert, Hebammenberatung über mich ergehen lassen, Newsletter abonniert und mein Smartphone mit Babyapps ausgestattet. Doch da erfährt man vor allem, was man falsch macht.

Bei uns liegt der Fehler schon bei der Wahl des Geburtsortes. Anscheinend haben wir das Kind traumatisiert. Denn:  Wir haben ein Krankenhaus gewählt, das uns ganz gut gefiel und das wohnortnah ist. Ich dachte, das sei bei Wehen ganz praktisch. Oder wenn man die Zahnbürste vergessen hat.  Doch das war wohl sehr egoistisch von uns. Beim Elterntreff berichtete eine Mutter, sie sei für die Geburt ca. 40 km gefahren (worden, nehme ich an) –  in eine Klinik, in der die Kreißsäle in Uterusfarben gestrichen sind.  Begeisterte Ooohs und Aaaaahs bei den anwesenden Mitmüttern und Hebammen. Fragezeichenaugen bei mir. Was genau sind bitte Uterusfarben? Und ist die Geburt dadurch weniger schmerzhaft? Nachdem die Begeisterungsrufe verhallt waren, habe mich dann getraut zu fragen, ob das beruhigend auf sie gewirkt habe. „Es geht nicht um die Mutter. Für’s Kind ist das einfach schöner.“ Ach na klar, wie dumm von mir. Dem kleinen Wesen sollte der Einstieg in die große Welt dadurch erleichtert werden, dass im Kreißsaal das gleiche Farbkonzept Anwendung findet wie im Mutterleib. Ich stell mir unter Uterusfarben sowas in Richtung Steak medium bis well done vor. Passend zum blutigen Drumherum. Auf jeden Fall Farben, in denen ich niemals ein Kinderzimmer streichen würde. Aber was weiß ich schon von frühkindlichem Feng Shui. Ich kann mich auch nicht mehr an die Farbe meines Kreißsaals erinnern, aber es war was Helles. Meine Hoffnung ist, dass meine Tochter nichts von den Fehlfarben mitbekommen hat, von denen sie da begrüßt wurde. Sie hatte ja die meiste Zeit die Augen fest geschlossen. Oder hat sie kurz geblinzelt und gemerkt, dass sie in einer völlig falschen Farbwelt gelandet ist und deshalb nicht mehr hingeguckt?

Tausend Fragen entstehen in meinem Kopf.  Können die Babys im Mutterleib überhaupt was sehen? In meiner Welt war es da drin immer dunkel.  Zögert man das Problem nicht nur hinaus? Was passiert, wenn das Baby den Kreißsaal verlässt? Sind die Flure und Zimmer auch uterusfarben gestrichen? Kommt der Farbschock nicht spätestens, wenn das Kind aus dem Krankenhaus entlassen wird in eine Welt ohne Uterusfarben? Aber ich trau mich nicht mehr, nachzufragen. Ich muss selbst recherchieren. Memo an mich: Uterusfarben googeln.

Gesagt getan. Doch nicht mal Google kann mir helfen. Ich tippe voller Hoffnung: „Uterusfarben“ ein – drücke Enter – und dann fragt Google: „Meinten Sie ‚Uterusformen‘?“ Oh nein!! Was wenn mein Uterus auch noch die falsche Form hatte??

6 thoughts on “Wir haben versagt – Teil 1: Frühkindliches Feng Shui

  1. Meine Tochter kam im weißen OP-Saal zur Welt und hatte die Augen geschlossen 😀
    Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Kinder kurz nach der Geburt die Wandfarben um sich herum wirklich wahrnehmen & selbst wenn, kann ich mir nicht vorstellen, dass „Uterusfarben“ wirklich schonender für sie ist.
    Es ist trotzdem ein großer, im Vergleich zum Mutterleib kühler Raum. Nicht mehr die Enge des Mutterleibs, die Wärme, der Herzschlag der Mutter. Aber das ist der natürliche Lauf des Lebens, ein Kind muss erst mal zur Welt kommen und das ist nun mal hart.
    Vor allem frage ich mich ebenfalls, was Uterusfarben denn sind? Mein erster Gedanke war ein dunkles Kreissaalunfreundliches rot…

  2. Ich habe mal eine Frau kennen gelernt, die ihren Uterus farblich und biologisch korrekt auf den Unterleib tätowiert hatte. Was das wohl bewirkt?!

  3. Vielleicht könnte man den Neugeborenen alternativ auh eine Uterusbrille direkt nach der Geburt aufsetzen? so uterusfarben getönt? Damit der schock mit der Umwelt nicht zu groß ist könnte man die dann absetzen mit vielleicht…. 18? Oder zur Pensionierung? Oder am Sterbebett?

    Ich glaube, ich habe eine Marktlücke entdeckt!

  4. Haha, es ist echt unglaublich, was es für Spinner auf dieser Welt gibt.
    Hachja, die lieben Übermuttis. Man darf sich durch die echt kein schlechtes Gewissen einreden lassen.
    Verschiedene Uterusformen gibt es tatsächlich und sind auch gar nicht so irrelevant. Ich hab z.B. einen Uterus bicornis, sprich 2 „Hörner“ oder verständlicher: zu ca 2/3 geteilt.
    Kind hatte daher keinen Platz zum Drehen, lag BEL, ich brauchte also Kaiserschnitt und 3,5 Wochen zu früh kam er dann auch, weil da kein Platz mehr zum Wachsen war.
    Aber so what, er ist gesund und munter.
    Man kann nur hoffen, dass eine weitere Schwangerschaft genauso gut abläuft und ausgeht.

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