Der Mutti-Stammtisch

Das Leben mit einem Säugling ist unglaublich spannend und aufregend.
Für die Mutti.

Denn Mütter denken ja, nur weil ein Baby etwas macht, sei es besonders spannend und muss berichtet werden. Ich stelle mir grad vor, wie mir eine Freundin völlig euphorisch erzählt, dass sie morgens immer ein Glas Milch trinkt und davon gut aufstoßen kann, dann ihrem Mann dabei zuschaut, wie er die Spülmaschine ausräumt und dabei mit einem Tupperdeckel gegen den Backofen haut. Mittags isst sie eine grooooße Portion Möhren-Kartoffelbrei, macht ein Schläfchen und liegt am Nachmittag auf einer Decke rum, rollt sich vom Rücken auf den Bauch und wieder zurück. Zwischendurch als Highlight Maniküre und Pediküre. Nach funktionierender Verdauung (fest) folgt ein Spaziergang, mehr Milch, ein bisschen Musik zur Nacht, dann schlafen. Wie aufregend!

Von all dieser Aufregung mitreißend zu berichten, fällt mir noch schwer. Oft kommt der Spannungsbogen von der Abendflasche, dem Einschlafritual mit Spieluhr über die Gute-Nacht-Flasche, das Durchschlafen hin zur Guten-Morgen-Flasche nicht so gut rüber. Muss man dabei gewesen sein.

Nicht-Eltern verstehen meist nicht die Tragweite der täglichen Entscheidungen, die eine Mutter treffen muss: Feuchttücher mit oder ohne Öl? Kürbis, Pastinaken oder Kartoffeln oder alles gemischt? Dann die nervenaufreibenden Alltagsabenteuer: Das erste Mal Fingernägel schneiden! Eine neue Windelgröße! Brei füttern! Oder für die ganz Harten: Mit Kinderwagen öffentliche Verkehrsmittel benutzen.

Diese Themen wollen besprochen werden. Mit Menschen, die den Nervenkitzel des Mutteralltags nachempfinden können: Andere Mütter. Also haben wir kurzerhand einen Mutti-Stammtisch gegründet. Für Freiwillige. Ohne Supermutti und ohne pädagogische Anleitung. Man kommt nur auf Empfehlung der Mitglieder rein.

Zum Glück hat die Gastronomie erkannt, dass das Elterngeld versoffen werden will und mit der Eröffnung kinderfreundlicher Etablissements reagiert. Einmal die Woche breitet sich unser exklusiver Kreis mit Kind und Kegel im Café aus, um Verdauung, Essverhalten, Schlafstörungen und Lieblingsspielzeuge unserer Baby zu diskutieren und ihnen nebenbei ein bisschen Sozialverhalten anzutrainieren. Natürlich nicht in irgendeinem Café – in einem Familiencafé. In unserem Fall im Spielwerk. Da gibt’s Waffeln, eine Spielecke und keiner meckert über schreiende Kinder. Sie sind sogar erwünscht. Nicht unbedingt schreiend, aber so grundsätzlich.

Früher hatte die Gastronomin unseres Vertrauens eine coole und verrauchte Bar. Als der Papa und ich auch noch cool und verraucht waren, haben wir uns dort kennengelernt und viel Gin Tonic und Bier konsumiert. Mit meiner Schwangerschaft scheint der Umsatz dort dermaßen eingebrochen zu sein, dass sie sich was anderes einfallen lassen musste. Jede Zeit hat ihr Getränk: Jetzt treff ich einige Frauen, mit denen ich früher über der Theke hing, zum koffeinfreinen Milchkaffee im Spielwerk.

An den Stammtischparolen müssen wir noch arbeiten. Tagesordnungspunkte für die nächste Runde: Provozieren kurze Röcke eine erneute Schwangerschaft? Nehmen ausländische Kinder unseren das Spielzeug weg? Verweichlicht der Mann in der Elternzeit?

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