Neulich hat mich eine Schwangere um Rat gefragt. Mich! Ha! Ich werde als Mutter und somit als Ratgeberinstanz anerkannt! Natürlich habe ich bereitwillig meine Expertise angeboten. Immerhin blicke ich auf nunmehr vier Monate Muttierfahrung zurück. Woher ich wisse, dass mein Kind warm genug, aber nicht zu warm angezogen sei, wollte sie wissen. Und ich hatte darauf sogar eine Antwort: „Man sagt, eine Schicht mehr, als man selbst trägt.“ Das hatte meine Hebamme mal gesagt.
Da ich immer schnell friere, trägt meine Tochter bei diesen Temperaturen meist acht bis zehn Schichten und steckt in einem Anzug im Eisbärbabylook fest. Ich fürchte, dass das ihre motorische Entwicklung etwas hemmt, aber warm hat sie es auf jeden Fall. Man kann nicht alles haben. Und ich hab es lieber warm.
Probleme bei der Kleiderfrage wirft der nahende und hoffentlich seinem Namen alle Ehre machende Hochsommer auf. Wenn ich bei 30 °C eine Schicht trage, braucht sie dann zwei? Zählt die Windel als Schicht? Memo an Mutti: Nochmal die Hebamme anrufen. Aber die Schwangere gab sich mit meiner Antwort zufrieden und hatte auch keine weiteren Fragen zu anderen Babythemen. Schade. Ich hab‘ doch geübt.
Insgesamt läuft’s nämlich ganz gut mit uns beiden, dem Baby und mir. Ich merke, wie sich eine gewisse Lässigkeit im Umgang mit dem Kind einstellt.
Anfangs lief ein Ausflug (= Einkauf) so ab: Kind ausgehfertig machen und an einem sicheren Ort in der Wohnung ablegen. Kinderwagen (ohne Kind drin) die Hausflurtreppe (sechs Stufen!) herunter tragen, dabei panisch 10 mal prüfen, ob der Wohnungsschlüssel in der Tasche ist. Zurück in die Wohnung rennen, erleichtert sein, dass das Kind noch da ist. Vorsichtig mit dem Kind im Arm die Treppe hinuntersteigen. Erleichtert sein, dass der Kinderwagen noch da ist (so ein Kinderwagen ist nicht grad billig). Kind in den Kinderwagen legen. Tief durchatmen. Rausgehen.
Bei der Rückkehr hab ich den Kinderwagen (ohne Kind drin) dann im Flur stehen lassen, damit der Mann eine männliche Aufgabe hatte, wenn er von der Arbeit kam. Heute kann ich den Wagen die sechs Stufen zu unserer Wohnung hochhieven, ohne dass das Kind oder die Einkäufe oder beides herausfallen. Treppen – auch Rolltreppen – stellen keine Herausforderung mehr dar; abschüssige Straßen traue ich mir mittlerweile zu, ohne den Wagen an mir festzubinden oder die nächste Kreuzung absperren zu lassen.
Weitere Anzeichen, dafür, dass man auf dem besten Weg zur Profimutti ist:
- Man nimmt zu einem halbstündigen Spaziergang nicht Fläschchen, Windeln und Erzatzkleidung mit
- Man kann dem Baby einen Wickelbody anziehen
- Man ruft nicht den Kinderarzt an, wenn der Papa ein nicht-sterilisiertes Fläschchen gegeben hat
- Man traut den Mitmenschen zu, unfallfrei einen Kinderwagen schieben zu können
- Man sagt sich: „Ach, das Milchpulver reicht noch bis morgen“
- Man glaubt, dass das Babyphone wirklich funktioniert
Doch die wahre Profimuttiprüfung habe ich gerade erst bestanden: Ich habe mit dem Kinderwagen (mit Kind drin) einen Kasten Bier transportiert (ok, 11er Kasten, alkoholfrei, aber immerhin!) Ein erhebendes Gefühl. Prost Profimutti!
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BTW, der Teil „Man traut den Mitmenschen zu, unfallfrei einen Kinderwagen schieben zu können“ zählt nicht! Herrn R. würde ich selbst eine seltene Porzellantasse im Elefantenladen zur Obhut überreichen…
Toll zu lesen – in unseren Kinderwagen passten nie alle Einkäufe rein. Richtig Pro habe ich mich gefühlt, als ich genau so viel einkaufen konnte, dass der Wagen mit den Tüten am Schiebegriff gerade nicht umkippte 🙂
genau – das ist die Kunst! Man überschätzt sich bzw.den Kinderwagen auch leicht! 🙂