Roland Kaiser spricht im Interview mit Berit Hullmann über seine Lungentransplantation

Roland Kaiser über seine Transplantation: „Endlich wieder durchatmen“

Von Berit Hullmann
Journalistin, Autorin, Texterin und Bloggerin aus Essen

 

 

 

 

Roland Kaiser – wer kennt ihn nicht! Nur wenige deutsche Künstler blicken auf eine derart erfolgreiche und über so viele Jahrzehnte beständige Karriere zurück wie er. Seit mehr als 48 Jahren steht er auf der Bühne, hat über 90 Millionen Tonträger verkauft und fast jeder kann einen seiner Hits mitsingen. Anfang des Jahres durfte ich Roland Kaiser für das Magazin des Vereins Leberkrankes Kind e.V. interviewen. Mit mir hat er über seine Lungentransplantation und sein Engagement für das Thema Organspende gesprochen.

Denn dass Roland Kaiser im vergangenen Jahr seinen 70. Geburtstag feiern durfte, war keine Selbstverständlichkeit: Vor gut zwölf Jahren brauchte er eine neue Lunge, wurde an der Medizinischen Hochschule Hannover erfolgreich transplantiert. Einen Grund, die Bühne zu verlassen, sieht der Kult-Sänger darin nicht. Im Gegenteil. Anlässlich seines 70. Geburtstages war Roland Kaiser von Oktober 2022 bis März 2023 auf großer Tournee in Deutschland, Österreich und der Schweiz, um mit seinen Fans zu feiern.

Roland Kaiser auf seiner Geburtstagstournee. Foto (c) Marcel Brell
Dass Roland Kaiser nach seinem 70. Geburtstag auf Tournee gehen konnte, war keine Selbstverständlichkeit. Vor zwölf Jahren brauchte er eine neue Lunge. Foto (c) Marcel Brell

„Eine Transplantation ist immer auch eine Perspektive“

Herr Kaiser, Sie sind einer der bekanntesten deutschen Sänger, feierten große Erfolge, als Sie plötzlich die Diagnose COPD bekamen, eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung. Trotzdem sind Sie erstmal weiter aufgetreten…
…genau, sogar zehn Jahre lang. Ich habe versucht, die Erkrankung nicht öffentlich zum Thema zu machen. Das war nicht immer einfach. Irgendwann kam der Punkt, an dem klar war, dass ich mich aus der Öffentlichkeit zurückziehen muss und mir nur noch eine Lungentransplantation helfen kann.

Wie war es für Sie, als Sie erfahren haben, dass Sie eine Transplantation brauchen?
Eine Transplantation ist immer Ultima Ratio und es ist keine leichte Entscheidung, diesen Weg zu gehen. Ich musste im Krankenhaus auf ein Organ warten, weil mein Zustand sehr kritisch war. Bei all den Ängsten, die mit so einem großen Eingriff verbunden sind, darf man nicht vergessen, dass eine Transplantation immer auch eine Perspektive ist: Die Aussicht auf das Weiterleben.

Die Krankheit betrifft die ganze Familie

Was hat sich nach der Lungentransplantation für Sie verändert? Sind Sie mit Ihrer Familie enger zusammengewachsen?
Für mich selbst war es das schönste Gefühl, nach der Operation buchstäblich wieder durchatmen zu können. Auf der gesamten Familie lastet ein enormer Druck, wenn ein Familienmitglied so schwer krank ist. Das Ganze kann man nur mit einer intakten Familie bewältigen, die uneingeschränkt zu einem steht. Deshalb sind Einrichtungen wie der Ederhof so wichtig und wertvoll.

Sie waren selbst einige Male am Ederhof zu Besuch. Was empfinden Sie, wenn Sie die transplantierten Kinder sehen, mit denen Sie ja eine große Gemeinsamkeit verbindet?
Der Ederhof ist eine fantastische Einrichtung. Es ist für Kinder und Familien, die von diesem Schicksal betroffen sind, der ideale Ort, um Normalität zurückzugewinnen. Die Reha dort ist so wertvoll, weil sie auf das gesamte Familiensystem eingeht und sowohl Eltern als auch Geschwistern zeigt: Ja, ihr könnt jetzt wieder normal miteinander umgehen, zusammen Fußballspielen. Ihr dürft nach vorne schauen. Ich höre mir gern die Geschichten der Kinder und ihrer Familien an. Uns alle verbindet eins: Wir wollen leben!

Roland Kaiser besucht den Ederhof
Das Team der Reha-Klinik Ederhof mit Roland Kaiser (3.v.r.) bei seinem Besuch 2019. Foto (c) Rudolf Pichlmayr-Stiftung/Ederhof

Roland Kaiser lebt im „zweiten Leben“ bewusster

Sehen Sie sich selbst auch als Mutmacher?
Ich blicke dankbar auf eine wunderschöne Karriere zurück. Noch dankbarer bin ich, dass ich nach der Transplantation mit meiner Musik ganz normal weitermachen kann und immer noch auf der Bühne stehe. Ich finde, dass Menschen, die wie ich auf der Sonnenseite stehen, auch die Verpflichtung haben, etwas zurückzugeben. Deshalb bin ich sehr gern Botschafter der Rudolf-Pichlmayr-Stiftung und auch der Deutschen Stiftung Organtransplantation.

Haben Sie nach der Transplantation Ihren Lebensstil verändert?
Insgesamt lebe ich in diesem ‚zweiten Leben‘ bewusster. Ich kann mich über die kleinen Details des Lebens freuen, gehe mit allem etwas sensibler und vorsichtiger um. Ich nehme meine Medikamente, die Immunsuppressiva, und habe ansonsten das große Glück, dass sich bei mir alles gut entwickelt hat. Meine Arbeit kann ich normal tun, treibe viel Sport, Rudern, Radfahren und Kraftsport. Der alte Satz „Wer rastet der rostet!“ der stimmt nun mal.

Viele unserer Familien feiern den Tag der Transplantation wie einen zweiten Geburtstag, die Kinder bekommen kleine Geschenke oder man unternimmt etwas Besonderes. Feiern Sie auch Ihren Lungengeburtstag?
Ich bekomme da keine Geschenke, begehe den Tag aber sehr bewusst und denke mit meiner Familie daran.

 Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute!

Das Interview erschien zuerst in der Mitgliederzeitschrift „Leberfleck“ des Vereins Leberkrankes Kind e.V. Alle Ausgaben gibt es hier

 

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