Mittlerweile schaffe ich es, das innere Muttertier an den Oma-Tagen zum Schweigen zu bringen. Von soviel Unabhängigkeit beflügelt, schlägt der Papa vor, den Großeltern auch einmal die Nachtschicht zu übertragen. Wir sollten Besuch bekommen und es bot sich an, das Kind zum ersten Mal auszuquartieren. „Klar“ sagen die Großeltern und meinen: „Na eeeendlich!“ “ Klar“ sage ich und meine : „Bist du waaahnsinnnig?? Eine ganze Nacht? Das hält das arme Ding nicht aus!“ Das arme Ding bin in dem Fall ich.
An besagtem Abend lässt sich das Baby wie eine kleine Königin von den untertänigst ergebenen Großeltern in seiner Maxicosi-Sänfte ins Babymobil tragen.
Widerstandslos lässt es sich anschnallen. Ohne eine Miene zu verziehen. Ohne zu protestieren. Ohne sich nach den Eltern umzublicken rauscht es ab.
Wir stehen an der Tür und winken. „Hach, sie wird flügge“, seufzt der Vater.
Widerstandslos lässt es sich anschnallen. Ohne eine Miene zu verziehen. Ohne zu protestieren. Ohne sich nach den Eltern umzublicken rauscht es ab.
Wir stehen an der Tür und winken. „Hach, sie wird flügge“, seufzt der Vater.
Nicht mehr lange und sie zieht aus. Oder will ein Jahr nach Australien. Oder hat einen Freund. Oder alles gleichzeitig.
In der babylosen Wohnung übernimmt das Muttertier das Kommando. Wo ist das Babyfon? Ach – das Baby ist ja gar nicht da. Phantomschreien, Phantombrabbeln und Phantomquietschen tönen aus dem verwaisten Kinderzimmer.
Ich ruf kurz meine Mutter an und frage, ob sie nicht die Webcam ans Babybett stellen kann. Nur damit ich ab und zu mal gucken kann. Sicher ist sicher.
„Nein, du spinnst“, sagt sie und irgendwas von Abendbrei zubereiten und legt auf.
Das Muttertier mischt sich ein: „Gleich rufen Oma und Opa an, weil die Kleine nicht einschlafen will“. Ich trink lieber mal keinen Wein.
„Nein, du spinnst“, sagt sie und irgendwas von Abendbrei zubereiten und legt auf.
Das Muttertier mischt sich ein: „Gleich rufen Oma und Opa an, weil die Kleine nicht einschlafen will“. Ich trink lieber mal keinen Wein.
Doch die Zubettgeh-Zeit verstreicht. Kein Anruf. Keine SMS, keine Whatsapp, keine E-Mail, keine Facebook-Nachricht, kein Telegramm, kein reitender Bote. „Sicher weint sie noch“ sagt das Muttertier. Ich überprüfe alle 10 Minuten alle Kanäle und schaue aus dem Fenster.
Nichts passiert. Niemand bringt das Baby.
Zum Glück hat die Oma von heute Facebook und nutzt es wie ein Tagebuch: „Heute darf unsere Enkelin das erste Mal bei uns übernachten. Seit einer halben Stunde schläft sie friedlich. Wir sind gespannt, was die Nacht noch bringt“ lautet Oma’s Statusupdate um 20.30 Uhr.
Ein Beweisfoto wäre schön gewesen, aber Ich glaube das mal. Ich werde übermütig und trinke einen Wein. Das Muttertier wird leiser. nach dem zweiten Wein höre ich es nur noch leise flüstern. Bis eine Freundin kommt und sagt: „Eure Kleine ist ja echt unkompliziert, dass sie das nicht stört mit den ganzen Leuten hier.“ Ich bekomme einen Kloß im Hals als es mir wieder einfällt: „Das Baby ist gar nicht da. Sie schläft heute bei Oma und Opa“, sage ich mitleidheischend. Doch das bleibt mir versagt. Im Gegenteil: Die kinderlose Freundin freut sich: „Umso besser: Dann kannst du ja noch ein Gläschen mittrinken. Hier!“ – Das Muttertier begehrt auf. Was wenn… aber ich bin diesmal stärker. Muttertier, halt’s Maul! Prost!