Zwei Dinge mag ich nicht: Wenn jemand mehr Geschenke bekommt als ich und wenn mir jemand mein Essen wegisst. Als Mutter eines einjährigen Kindes kriegt man an Weihnachten schnell schlechte Laune.
Heiligabend gab es für unsere Tochter erst zu viele Geschenke, dann zu viel vom Raclette. Unsere Tochter hat sich bisher als „guter Esser“ einen Namen gemacht. Unterm Tannenbaum sollte sie das unter Beweis stellen. Sie thront am Kopfende der Tafel und reißt das Mündchen auf bei allem, was andere essen möchten.
Oma und Opa haben an diesem Abend nur einen Satz drauf. „Lass‘ sie doch mal probieren!“
Ich sage: „Sie mag keine Krabben.“ — „Vielleicht jetzt. Lass sie doch mal probieren“. Um des Familienfriedens Willen lasse ich fleißig probieren und dann in meinen Hand spucken. Auch an Weihnachten mag sie keine Krabben. Auch keinen Broccoli.
Ein guter Esser isst noch lange nicht alles. Auf meinem Teller türmen sich kleine Häufchen angekauter Krabben und Broccoliröschen, besabberte Schinkenscheiben, Gewürzgurken und Ananas. Als mir eine Pfännchenladung vor lauter Probierenlassen anbrennt, hab ich endlich etwas für mich. „Nee, das nicht probieren lassen, das ist ja ganz schwarz!“
Während ich esse, lassen andere probieren, aber die ausgespuckten Reste gehören auf Mutters Teller. Auch als ich mir trotzig Thunfisch, Zwiebeln und Muscheln in Schimmelkäse und Tabasco anbrate sagt die Oma: „Lass‘ sie doch mal kosten. Die Kleinen sollten alles ausprobieren!“
Ich drücke ihr einfach in jede Hand und in den Mund eine Kartoffel.
So kann ich entspannt das Kind füttern.
Aber mit Heiligabend ist Weihnachten noch nicht gegessen.
An den Weihnachtstagen zeigt sich, dass die Mutter das Recht am eigenen Essen verwirkt hat.
Damit bloß kein Hungergefühl aufkommt, geht es am ersten Weihnachtstag direkt weiter mit einem Großfamilienbrunch. „Toll!“ – dachte ich – „Omas, Opas, Tanten, Onkel – irgendwer wird das Kind schon durchfüttern, während ich mich durchs Buffet esse.“
Als ich mir grade die Räucherlachsscheibe aufs erste Brötchen legen will, schreit jemand von hinten „Haaaaalt!! Warte!“ Die Oma stürzt heran, das Kind auf dem Arm. Ich halte inne. Ist das Brötchen verschimmelt? Der Fisch vergiftet? Oma streckt ihre Finger aus und pult in meinem Brötchen herum. Sie fand das nicht weiter erklärungsbedürftig. Mein entsetzter Blick nötigt ihr dann doch eine Erklärung ab: „Sie mag doch das Innere so gern!“ Ach, na dann bitte, mein Brötchen ist dein Brötchen. Möchte mir vielleicht noch jemand in den Kaffee spucken?
Ähnlich geht es den ganzen Tag weiter.
„Wo ist denn meine Apfelschorle?“ — „Ach, die hatte die Kleine grade, hier…“ – Zurück bekomme ich ein trüb-schmieriges Glas. Am Rand kleben Brötchenkrümel und im Schorlerest schwimmt aufgequollenes Brötcheninneres.
Also zum Obst. Warum sind klitzekleine Zahnabdrücke in meiner Melonenscheibe? „Die Kleine wollte mal probieren, mochte sie aber nicht.“ So bleibt mir immerhin ein angenagtes Stück Melone. „Lachs mag sie aber ganz gerne, sie hat die ganze Scheibe gegessen, die auf deinem Teller lag“
Wie wird die Mutti da satt und bleibt bei Laune? Es gibt nur eine Lösung: „Einen Prosecco und noch etwas von der Rotweincreme, bitte!“
Ein frohes neues Jahr mit soviel Speisen für Dich allein, wie möglich, liebe Berit! 🙂
Herzmutter Janina hat einen Tag gestartet, der bloggende Mamas besser vernetzen soll – hier der Link zu ihrer Idee: http://herzmutter.de/2013/12/der-tagging-worm-blogvorstellung-deluxe/
Ih freue mich, wenn Du mitmachen möchtest!
Herzlich: Anne
Herrlich, ich habe Tränen gelacht. Und ich konnte mich auch wieder finden. Mehrmals am Tag räume ich Teller ab, auf denen angekaute Speisereste, angeknabberte Brotscheiben und ausgespucktes Irgendwas klebt. Allerdings ist meine Verwandtschaft nicht ganz so penetrant 😉
LG Wiebke
Wir stehen noch ganz am Anfang, was das Thema Essen angeht… aber wenn ich das so lese… ich liebe Essen, Nahrungsaufnahme, das Miteinander. Und ich bin niemand der gerne sein Essen teilt 😀 Und beim Raclette überfresse ich mich immer und ausschließlich maßlos. Sieh es einfach positiv: Feiertage sind rum – Verwandtschaft kommt vielleicht nicht so schnell wieder. In diesem Sinne: ich esse jetzt erst mal MEINE NUDELN!