Schon vor der Geburt gab es die erste Verwarnung: Geburtstermin überschritten. Deutlich. Aber es ist wahr: Seit fast einem Jahr gibt es jetzt das Baby!
Kurz vor dem ersten Jahrestag der Geburt müssen die Erinnerungen an selbige aufgefrischt werden. Denn jetzt ist es an der Zeit, die Geburtsgeschichte einzustudieren und auswendig zu lernen. Immerhin muss sie von beiden Elternteilen wortgleich bei allen zukünftigen Kindergeburtstagen zum Besten gegeben werden.
„Weißt du noch – heute vor einem / drei / acht / achtzehn Jahren…? „, so beginnt alljährlich das Geburtsmärchen. Die Eltern blicken sich versonnen an. Das Kind verdreht spätestens ab dem 8. Geburtstag die Augen. Aber so will es die Familientradition. Die Geburtsgeschichte wird erzählt, egal, wie oft man sie schon gehört hat und obwohl das Ende bekannt ist und mit am Tisch sitzt.
Leider habe ich keine spektakulär in der Öffentlichkeit oder auf einer teuren Ledercouch geplatzte Fruchtblase im Geschichtenrepertoire. Keinen ultrawichtigen Termin, aus dem mein Mann wegen akuten Weheneinsatzes abberufen werden musste.
Keine Freundin, die zum Kaffee vorbeikam und bei einer Sturzhausgeburt Hebamme spielen musste.
Nichts von alledem.
Geburtstermin überschritten: Das Baby feiert seine eigene Party
Den Geburtstermin hatten wir unserer Tochter mehrfach mitgeteilt. Aber sie hat ihn einfach ignoriert. Das Baby hatte es sich gemütlich eingerichtet und feierte mit Mutterkuchen und Fruchtwasser seine eigene Party .
Zwei Wochen vorm Stichtag war die Krankenhaustasche gepackt und der werdende Vater in ständige Rufbereitschaft versetzt. Die Spannungskurve stieg bis zum errechneten Termin kontinuierlich an, um ab dem magischen Datum immer weiter abzuflachen. Denn es passierte: Nichts. Nicht mal das kleinste Bauchweh war zu spüren. Alle zwei Tage durfte ich zum CTG antreten um mich davon zu überzeugen, dass das Kind noch drin ist. Aber locken konnte sie nichts. Kein Bad. Kein Spaziergang, kein Versprechen, keine Drohung (siehe: „Rück das Baby raus!“). Nicht einmal Himbeerblättertee.
Da jede gute Geschichte eine Einleitung braucht, beginnt die Geschichte meiner Tochter also mit der Einleitung der Geburtswehen. Im Hauptteil gab es ordentlich Schmerz und Blut und am Ende lagen sich alle in den Armen. Happy End.
Die Familie muss bei unseren Geburtstagen nicht so lange auf den Kuchen warten, denn die Story ist schnell erzählt: Ich bekam einen Termin, eine Tablette und dann ein Baby.
Aber für mich ist die Sache noch nicht erledigt.
Weil meine Tochter so rumgetrödelt hat, sinne ich auf Rache.
Ich werde nun immer am sich jährenden errechneten Geburtstermin die Geschenke auf den Tisch stellen, eine Decke drüberwerfen und sagen: „Du darfst alle zwei Tage gucken, ob sie noch da sind. Aber ausgepackt wird erst am Geburtstag!“